Hand in Hand: Klima- & Geschlechtergerechtigkeit

Die Klimakrise trifft FLINTA besonders hart: Sie sind Katastrophen oft schutzloser ausgeliefert und tragen weltweit die Hauptverantwortung für Pflege- und Sorgearbeit. Es braucht feministische Perspektiven auf Klimapolitik, die Geschlechterungleichheiten und soziale Ungerechtigkeiten konsequent mitdenken.

Was ist an der Klimakrise ungerecht?

grafik die eine brennende erde zeigt, die arme menschen viel früher trifft als reiche
Die Klimakrise betrifft uns alle, aber nicht alle gleich. Menschen, die arm sind, in abgelegenen oder schlecht versorgten Gegenden wohnen, gesundheitliche Probleme haben oder Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder Sexualität erfahren, leiden am meisten unter der Klimakrise. Diese Gruppen können sich durch Ausgrenzung und Benachteiligung am wenigsten vor den negativen Folgen der Klimakrise schützen. Klimagerechtigkeit bedeutet, diese Ungleichheiten zu erkennen und die Klimakrise als sozial-ökologische Krise zu verstehen.

Wer trägt die Verantwortung?

grafik, die eine reiche person dominierend auf der erde stehend zeigt während die bevölkerung droht vom planeten zu fallen
Diejenigen, die am meisten zur Klimakrise beitragen, sind oft nicht die, die am stärksten darunter leiden. Es ist eine Frage der Macht und des Reichtums: Reiche Menschen und Länder verursachen die meisten Emissionen. Reiche und Superreiche leben durch ihren Konsum, ihre Yachten, Privatflüge, ihren verschwenderischen Lebensstil und ihre Investitionen in umweltschädliche Industrien auf Kosten des Klimas.
grafik, die die ungleichheit zwischen arm und reich in hinblick auf ausschüttung von emissionen darstellt
Die reichsten 10% der Weltbevölkerung sind für die Hälfte der globalen Emissionen verantwortlich, während die ärmsten 66% der Weltbevölkerung nur einen Bruchteil beitragen. Wie ihr in der Grafik erkennen könnt, sind die Emissionen der roten Personengruppe (die reichsten 10%) um ein Vielfaches höher, als die der dunkel- oder hellgrünen Personengruppe.
grafik, die die ungleichheit der auswirkungen des klimawandels auf den globalen süden zeigt
Globale Ungleichheit basiert auf kolonialer (externer Link, öffnet neues Fenster) Ausbeutung. Während der Globale Norden Gewinne erzielt, zahlt der Globale Süden die menschlichen, sozialen und ökologischen Kosten der Produktion. Länder des Globalen Nordens verursachen 92% der weltweiten Emissionen. Die schwerwiegenden Auswirkungen der Klimakrise betreffen jedoch besonders den Globalen Süden, wie du in der Grafik gut erkennen kannst. Je dunkelroter ein Land, desto schwerwiegender sind die Folgen des Klimawandels auf die Landwirtschaft. Das wirkt sich direkt auf die dort lebende Bevölkerung aus. Menschen im Globalen Süden sind außerdem häufiger Extremwetter ausgesetzt und haben oft nicht die Mittel, sich vor Katastrophen zu schützen oder Schäden zu beheben. Gleichzeitig werden die ökonomischen Ungleichheiten durch den Kapitalismus (externer Link, öffnet neues Fenster) immer größer, was diese Dynamik weiter verstärkt.

Was hat die Klimakrise mit Geschlechtergerechtigkeit zu tun?

Finanzielle Ungleichheiten hängen auch mit anderen Ungleichheiten wie Geschlecht, Klasse und ethnische Zugehörigkeit zusammen. Im Patriarchat haben FLINTA weniger Zugang zu Bildung, Geld, Land und politischer Teilhabe als Männer. Die strukturelle Ungleichheit der sozialen und ökonomischen Stellung von FLINTA und Männern erschwert es FLINTA, in Gesellschaft und Politik aktiv teilzunehmen und mitzubestimmen. Seit Jahrhunderten kämpfen feministische Bewegungen weltweit gegen diese Ungleichheit.

Feminismus & Klimakrise

Die UN-Frauenorganisation erklärt, dass die Gefahren der Klimakrise nicht geschlechtsneutral sind - was ist damit gemeint?
Durch die ungleiche Verteilung von Macht und Ressourcen leiden FLINTA (externer Link, öffnet neues Fenster) häufiger und stärker unter den Folgen von Umweltzerstörung und Klimakrise.
 

Dennoch sind nicht alle FLINTA gleichermaßen der Klimakrise ausgesetzt, weil Geschlechterverhältnisse eng mit anderen sozialen Ungleichheiten wie Armut oder Rassismus zusammenhängen. FLINTA im Globalen Süden (externer Link, öffnet neues Fenster), die in Armut leben, weniger Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung haben oder Diskriminierung erfahren, sind am stärksten von den Folgen der Klimakrise betroffen.

zitat: Klimafreundliches Verhalten beginnt zuhause
Solche Aussagen ignorieren die sozialen und strukturellen Dimensionen der Klimakrise. Wenn Klimapolitik hauptsächlich darauf abzielt, individuelles Umweltverhalten zu ändern, wird die Verantwortung auf Einzelpersonen abgewälzt. Dabei sind es vor allem große Konzerne, deren Industrien Hauptursache der Klimakrise sind. Private Haushalte können nur begrenzt ihre Emissionen verringern, solange die Politik nicht die nötigen Bedingungen für ein klimafreundliches Leben schafft.
Zitat "Kauft nachhaltige Produkte, esst weniger Fleisch, trennt euren Müll"
Hier wird eine wichtige Dimension übersehen: die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung im Haushalt. Es sind vor allem FLINTA, die sich aufgrund traditioneller Rollenbilder um den Haushalt und Einkäufe kümmern. Individuelle Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen wie Mülltrennung oder Ernährungsumstellung führen letztendlich zu einem Mehraufwand an unbezahlter Care-Arbeit (externer Link, öffnet neues Fenster) für FLINTA. Diese zusätzliche Belastung wird in der Klimadebatte oft nicht berücksichtigt.

In Richtung geschlechtergerechter Klimaschutz

Für die politische Praxis heißt das, dass klimapolitische Maßnahmen und Geschlechtergerechtigkeit zusammen gedacht werden müssen. Klimapolitik galt lange als geschlechtsneutral, doch seit den letzten Jahrzehnten fordern immer mehr internationale Netzwerke eine geschlechtergerechte Klimapolitik:

  • Das Thema Gender steht auf der Agenda vieler Klimagipfel
  • Es gibt erste Schritte in Richtung einer geschlechtersensiblen Klimapolitik
  • Die UN hat 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung bis 2030 festgelegt, eines davon ist die Gleichstellung der Geschlechter.

Doch Geschlechtergerechtigkeit muss nicht nur ein eigenes Ziel sein, sondern in alle anderen Umweltziele eingebaut werden, um eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Leider werden ausgearbeitete Gender-Aktionspläne bisher nicht genug in der Klimapolitik der einzelnen Länder umgesetzt. Viele Länder des Globalen Nordens sehen die internationalen Vereinbarungen oft nur als relevant für den Globalen Süden und haben erst jetzt die Bedeutung der Geschlechterverhältnisse für eine effektive Klimapolitik verstanden. In Deutschland wurden immerhin bereits sieben Gender-Dimensionen entwickelt, die als Genderaspekte der Klimapolitik wichtige Ansätze für gesellschaftliche Veränderungen bieten sollen.

grafik von zwei einschlagenden händen, darüber steht "klimapolitik und geschlechtergerechtigkeit hand in hand"
Internationale Klimapolitik muss die Gleichstellung der Geschlechter als Grundlage haben. Besonders in stark betroffenen Gebieten braucht es konkrete Maßnahmen zur Stärkung von FLINTA. Durch Zugang zu Ressourcen und politischer Teilhabe können FLINTA an klimarelevanten Fragen und Lösungen mitwirken. Mithilfe gleichberechtigter Beteiligung von FLINTA können widerstandsfähige Gemeinden, besonders in ländlichen Bereichen, aufgebaut werden. Mit feministischer Stadtpolitik können öffentliche Räume für alle Geschlechter gerecht gestaltet werden. Es gibt also genügend Ansätze gegen die Klimakrise und Geschlechterungleichheit, die eine sozial-ökologische Transformation anstoßen. Für einen tatsächlichen Systemwandel muss die Klimapolitik aber vor allem große Konzerne, Reiche in die Verantwortung nehmen.
Die Gleichstellung der Geschlechter ist nicht nur ein wichtiger Schritt zur Bewältigung der Klimakrise, sondern sollte als Leitgedanke einer klimagerechten Transformation dienen. Ohne Geschlechtergerechtigkeit kann es keine Klimagerechtigkeit geben.

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Ein Beitrag von Clara Siegel, Online Redaktion von Fabian Riess. 
Dieser Beitrag wird unter den Bedingungen der Creative Commons Lizenz CC BY-NC-SA 4.0 veröffentlicht. 
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